Herbst

Der Herbst ist da mit seinen rauen Winden,
Er ist gekommen, eh du es gedacht.
Du sahst des Sommers zarte Blüten schwinden,
Sahst Blätter welken, fallen, über Nacht,
Und Alles ruft dir ernst und mahnend zu:
O Menschenkind, einst wirst auch scheiden du!

Sieh‘, wie der Sonne letzter matter Schimmer,
Ein falber Goldstrahl, durch die Wipfel floss,
Ist’s noch das mächt’ge Taggestirn, das vormals
Die heißen Flammenpfeile niederschoss?
Wie Abschiedsgrüßen winkt ihr Strahl dir her:
Auch du wirst gehn, und Scheiden ist so schwer.

Auch du wirst scheiden – ob in Jugendprangen
Ob, wenn dein Haupt der Schnee des Alters bleicht –
Ob du auf Dornenpfaden bist gegangen,
Ob dir ein lichter Traum dein Dasein däucht –
Dir kommt der Herbst, wie heute der Natur,
Auch du wirst ruhen, wart ein Weilchen nur!

So wie die grünen Blätter sich entfärben,
Und erdenwärts im kalten Hauche wehn,
So wirst auch du einst altern, welken, sterben –
Und friedlich schlummern bis zum Auferstehn.
Bis licht in deinen tiefen Schlummer fällt
Ein Frühlingsstrahl, der nicht von dieser Welt.

Autor: Ida von Conring

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