kurze Gedichte
Warum ein langes Gedicht, wenn mit einem kurzen Gedicht das Gleiche gesagt werden kann? Kurze Gedichte zu schreiben, das ist gar nicht so einfach: Es ist eine große Herausforderung, das Wesentliche auf den Punkt zu bringen, und das nett verpackt. Kurz, kürzer, SMS-Gedichte: Sehr kurze Gedichte passen in jedem Fall in eine SMS – oder zwei oder drei, wenn die Verse länger als 160 Zeichen sind. Wer kurze Gedichte am Morgen verschickt, zum Beispiel per E-Mail, kann dafür sorgen, dass der Empfänger fröhlich und beschwingt in seinen Tag startet. Kurze Gedichte kommen außerdem prima an beim Chatten. Schließlich handelt man sich mit dem Posten eines langen Gedichts ruckzuck den Ruf eines Spielverderbers ein – mit dem Resultat, dass die Chatrunde vorzeitig vom Gegenüber beendet wird. Auf dieser Seite können Sie etliche kurze Gedicht für jede Situation entdecken: Für welche Zeilen entscheiden Sie sich?
Allzeit glücklich
Autor: Ernst Goll
Manchmal ein bisschen träumen
Und immer ein bisschen hoffen –
So blieb zu seligen Räumen
Mir allzeit ein Türlein offen.
Beim Spieler, war er auch der Redlichkeit gewogen
Autor: Barthold Heinrich Brockes
Beim Spieler, war er auch der Redlichkeit gewogen,
ist dies der allgemeine Lauf:
Erst fängt er an und wird betrogen,
dann hört er als Betrüger auf.
Bitterböse ist das Leben
Autor: Friederike Kempner
Bitterböse ist das Leben,
Und vergeblich alles Streben
Nach dem höheren Ziel:
Alles bleibt ein Spiel,
Illusionen uns umschweben,
Die sich nie als Wahrheit geben.
Das bringt bei Weibern manche Not
Autor: Gottfried von Straßburg
Das bringt bei Weibern manche Not:
zu manchem treibt sie ein Verbot,
wozu sie gar nichts triebe,
wenn‘s unverboten bliebe.
Der Erde köstlichster Gewinn
Autor: Johann Gottfried Seume
Der Erde köstlichster Gewinn
ist frohes Herz und reiner Sinn.
Der Idiot
Autor: Jannes Hans Meier
Der Idiot den niemand mocht'
Außerdem noch Feuer mag
Klemmte fest im Kerzendocht
Heute wie fast jeden Tag
Der Regenbogen
Autor: H.S.
Der Regenbogen, muss er auch vergehen,
ist in seinem Farbenspiel hübsch anzusehen.
Kurz erfreuen sich Aug und Sinne nur
an diesem schönen Schauspiel der Natur.
Der Schnupfen
Autor: Christian Morgenstern
Ein Schnupfen hockt auf der Terrasse,
auf dass er sich ein Opfer fasse
- und stürzt alsbald mit großem Grimm
auf einen Menschen namens Schrimm.
Paul Schrimm erwidert prompt: "Pitschü!"
und hat ihn drauf bis Montag früh.
Der Träge sitzt, weiß nicht wo aus...
Autor: Ludwig Tieck
Der Träge sitzt, weiß nicht wo aus,
und über ihm stürzt ein das Haus,
mit frohen Segeln munter
fährt der Frohe das Leben hinunter
Der Weg der Freiheit
Autor: Martin Otto
Der Weg der Freiheit
Ist bedenklich
Und macht anstatt glücklich
Mancher Mann
Manchmal eher kränklich
Was man nicht verhindern kann
Dich kosen
Autor: Johann Wolfgang von Goethe
Ists möglich, daß ich, Liebchen, dich kose,
Vernehme der göttlichen Stimme Schall!
Unmöglich scheint immer die Rose,
Unbegreiflich die Nachtigall.
Die Alten hatten ein Gewissen
Autor: Julius Wilhelm Zincgref
Die Alten hatten ein Gewissen ohne Wissen;
wir heutzutag haben das Wissen ohne Gewissen.
Ein grünes Blatt
Autor: Theodor Storm
Ein Blatt aus sommerlichen Tagen,
Ich nahm es so im Wandern mit,
Auf dass es einst mir möge sagen,
Wie laut die Nachtigall geschlagen,
Wie grün der Wald, den ich durchschritt.
Einsam
Autor: Sinceritas
Überall Menschen, trotzdem allein;
Keine Familie, nirgends daheim.
Niemand der lächelt, kein nettes Wort;
Ein Schritt ins Leere, die Sorgen sind fort.
Erkanntes Glück
Autor: Johann Wolfgang von Goethe
Was bedächtlich Natur sonst unter viele verteilet,
Gab sie mit reichlicher Hand alles der Einzigen, ihr.
Und die so herrlich Begabte, von vielen so innig Verehrte,
Gab ein liebend Geschick freundlich dem Glücklichen, mir.
Es muss die Freiheit
Autor: Martin Otto
Es muss die Freiheit wachsen im Zwang
Sich orientieren an Mauern entlang
Sich empor winden durch das Dickicht
Der bloßen Gewalt
Bis in das Licht der Liebe und Wahrheit
Durch den engsten Spalt
Freiheit ist der Zweck des Zwanges
Autor: Friedrich Wilhelm Weber
Freiheit ist der Zweck des Zwanges,
Wie man eine Rebe bindet,
Daß sie, statt im Staub zu kriechen,
Froh sich in die Lüfte windet.
Hab oft im Kreise der Lieben
Autor: Adelbert von Chamisso
Hab oft im Kreise der Lieben
im duftigen Grase geruht
und mir ein Liedlein gesungen,
und alles war hübsch und gut.
Keine Rose ohne Dorn
Autor: Ernst von Wildenbruch
Keine Rose ohne Dorn,
Keine Liebe ohne Zorn,
Kein Begegnen ohne Scheiden,
Keine Freude ohne Leiden –
Aller Dinge tiefstes Wesen
Mußt im Gegensatz du lesen.
Magst du die Lüge noch so gut
Autor: Friedrich von Bodenstedt
Magst du die Lüge noch so gut
in das Gewand der Wahrheit kleiden,
der Dümmste ist nicht dumm genug,
um beides nicht zu unterscheiden
Manuel Neuer
Autor: Jakob Kayser
Du hältst den Ball ohne zu bangen,
Es fällt dir leicht ihn gut zu fangen,
Das Tor zu hüten ist Dein Job,
Und darin bist Du wirklich top.
Mit einem Rosenstrauß
Autor: Theodor Storm
Du und dein Sohn,
Sie sind beide schon alt;
Doch blühen noch Rosen,
Und das Herz ist nicht kalt.
Nachts sind alle Katzen grau
Autor: Marcel Strömer
Es tauscht der Tag
was Nacht nicht halten kann
auf schwarze Katzen
schlägt kein Licht sich an
leuchten Graue
weiß im Mondesschein
nur die Weißen
wollen königsheller sein
Perfektion
Autor: Julia Markgraf
Perfekt zu sein bedeutet nicht
Schlau und hübsch zu sein.
Oder mit lächelndem Gesicht
Sich zu zeigen und innerlich zu weinen.
Perfektion bedeutet,
Zu sein so wie man ist.
Das Innere zu zeigen,
Egal wir trist es ist.
Denn Menschen die dich lieben,
denen ist es egal.
Sie werden nur getrieben,
Von ihrem Liebeswahn.
Drum vergesse nicht,
Perfekt ist man nur dann,
Wenn man nur sich entspricht
Und man, man selbst sein kann.
Selbstbefreiung
Autor: Marcel Strömer
ich tanze aus der Reihe
und springe in dein Lied,
sodass es mich befreie,
hör doch den Unterschied!
Den Ton, den ich dir spiele,
in diesem Augenblick,
entdecken die Gefühle,
der Liebe zur Musik.
Solange Herz und Auge offen
Autor: Wilhelm Busch
Solange Herz und Auge offen,
um sich am Schönen zu erfreun,
solange darf man freudig hoffen,
wird auch die Welt vorhanden sein.
Stress
Autor: Aline
Hetzen-hasten-hasen
eilig um die Ecke rasen,
Immer mehr
Und immer schneller
Bis die Stimmung ist im
Keller.
Sturm
Autor: Manuel Rott
Ich spür' eine Brise
einen eiskalten Wind
Ich suchte nach Schutz
denn der Sturm, er beginnt
Die Bäume bewegen sich synchron mit der Zeit
Die Blätter, sie fliegen kilometerweit
Die Tiere, sie spürten und eilten geschwind
und suchten nach Schutz vor diesem starken Wind
Gegen ihn ist man chancenlos weil er immer gewinnt
Verstecke dich also wenn der Sturm wieder beginnt.
Über den Einwand eines Gescheiten
Autor: Ludwig Fulda
Über den Einwand eines Gescheiten
lässt sich streiten;
über der Entgegnung eines Dummen
muss man verstummen.
Vermögen
Autor: Brigitte Wilger
Wer nichts hält von sich
kann nicht leiden
wer was hält von sich
hat was übrig
kann Leiden mögen
Wäre ich ein Stein
Autor: Martin Otto
Wäre ich ein Stein
So würde ich zerspringen
Würde ich sein
So würde ich singen
Aber ich bin
Sonst fiele ich nicht hin
Was der Augenblick geboren
Autor: Adalbert Stifter
Was der Augenblick geboren,
schlang der Augenblick hinab!
Aber ewig bleibt es unverloren,
was das Herz dem Herzen gab.
Wenn dich die Lästerzunge sticht
Autor: Gottfried August Bürger
Wenn dich die Lästerzunge sticht,
so lass dir dies zum Troste sagen:
Die schlechtesten Früchte sind es nicht,
woran die Wespen nagen.
Wer ohne Neid, der ist auch ohne Liebe
Autor: Gottfried Keller
Wer ohne Neid, der ist auch ohne Liebe.
Wer ohne Reu, der ist auch ohne Treu.
Und dem nur wird die Sonne wolkenfrei,
der aus dem Dunkel ringt mit heissem Triebe.
Wiederkehr
Autor: Achim Schier
Mit der Geburt beginnt das Leben
Eben…
Und das Leben wird zum Kampf.
Regellos, weil menschgemacht.
Und über all den Dingen
steht plötzlich nach dem Ringen
der Tod!
Immerhin, man hat gelebt…
Und danach beginnt’s von vorn
Das Leben…
Eben!
© Achim Schier (*1956)
Zu Ostern oder Pfingsten
Autor: Hans Josef Rommerskirchen
Zu Ostern oder Pfingsten,
da werd ich nichts verschenken,
ich denk nicht im geringsten,
was andre von mir denken,
Mir schenkte man nie was im leben
ob dieser Tatsach- angesicht,
da werde ich nichts geben,
es sei na ja man weiß ja nicht.
Ein süßes Mädel käm im März,
so schenkte, ich ihm wohl mein Herz.
© Hans-Josef Rommerskirchen